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Kritikfähig sein – Kritik annehmen können #0025

Kritik hört niemand gerne. Als wir noch Kinder waren war Kritik für uns überhaupt kein Problem. Die Eltern kritisierten den ganzen Tag: „Tue dies nicht, tue das nicht, …“
Das war ganz normal und auch gar kein Problem. (Zumindest für die meisten.)

Folie4Heute ist es so, dass niemand mehr kritisieren darf. Man ist empört und denkt sich: „Wer ist der, der Dich da kritisiert?“ Sie kommen nach Hause, ziehen sich die Schuhe nicht aus – und werden angesprochen: „Schatz, bitte zieh die Schuhe aus!“ Oder Sie sind in Gedanken, machen sich einen Kaffee, fragen aber Ihren Partner nicht, ob er auch einen möchte … „Hättest mich ja auch mal fragen können, ob ich einen möchte …“. „Also eben bei dem Meyers, da kannst Du Dich so nicht verhalten …“

Und wie reagieren wir? Mit Verteidigung, mit „War doch nicht so schlimm.“ mit Gegenangriff: „Du machst das auch nicht besser!“ oder „Hör auf mit dem ewigen Genörgel!“ oder „Du willst mich nur nieder machen!“ oder „Ja, kritisieren kannst Du, aber wann hast Du mir mal was Nettes gesagt? Du liebst mich nicht mehr!“

Und alles tut nichts zur Sache!

Warum fällt es uns so schwer, Kritik anzunehmen und als das zu interpretieren, was es ist – ein Verbesserungsvorschlag. Wollen wir uns nicht mehr verbessern? Warum ist Kritik mittlerweile immer so emotional?

Wenn man jetzt ohne Emotionen an die Sache herangeht, dann ist es einfach.

  1. Prüfen: Was ist die Motivation des Kritikers
    – Er will sich wichtig machen?
    – Er will sich von anderen profilieren?
    – Er will Sie klein machen (warum?)
    – Er will ihnen ein schlechtes Gewissen einreden (warum?)
    – Er ist böse?
    – Geht es überhaupt um die Sache oder etwas ganz anderes?
    – Er ist noch sauer auf Sie und will sich rächen (Warum?)-
    – Er muss einfach mal Druck ablassen – Sie sind gerade da.
    – Vielleicht will er nur spielen? Ihre Aufmerksamkeit durch kleine Provokationen wecken?
  2. Prüfen: Ist die Kritik sachlich berechtigt?
    Einfach mal darüber nachdenken. Nun muss man nicht alles optimieren und man funktioniert auch nicht wie eine Maschine. Aber manches nervt einfach auf die Dauer – und daran sollte man ständig arbeiten, oder?
    Bei X47 und X17 bekomme ich laufend Post von meinen Kunden – oft auch mit kritischen Worten. Das tut regelmäßig weh. Ich lese mir das immer sehr genau durch und stelle leider immer wieder fest – es ist fast immer berechtigt. Dann versuche ich das zu korrigieren, was zu korrigieren ist. Damit fühlt sich der Kunde besser – und ich mich auch – habe dann auch die Abläufe oder die Prozesse im Haus verbessert. Das ist im beruflichen Umfeld wichtig.
    Und es sollte im privaten Umfeld ebenfalls ernst genommen werden.
  3. Antworten: Sachlich bitte.
    „Jup, Du hast Recht.“
    „Jup, ich war ganz in Gedanken.“
    „Entschuldige bitte.“„Das sehe ich anders – aber lass uns bitte später darüber reden.“
    „Oh, das hast Du so empfunden? Das war so nicht gemeint.“
    „Kann sein, ich werde darüber nachdenken.“
    „Danke, darüber habe ich noch nicht nachgedacht.“
    „Stimmt, daran muss ich arbeiten.“
  4. Für den Fall, dass die Kritik unberechtigt, unangemessen oder gar ungerecht ist, haben Sie folgende Optionen:
    – Schweigen und einen Blick zuwerfen.
    – ignorieren.
    – Ich-Botschaft senden: Ich empfinde die Kritik als nicht gerechtfertigt …
  5. Antworten: Vermeiden Sie Emotionen
    – Keine Ausreden nutzen: „Habe ich doch gar nicht.“, „Das war ich nicht.“
    – Keine Gegenangriffe: „Das machst Du doch auch immer.“, „Kannst Du das etwas besser?“, „Du bist nur am Nörgeln.“ „Aber Du hast ja gestern auch …“, „Du hast doch gesagt, dass ….“, „Du bist schon wie Deine Mutter!“
  6. Wehren Sie sich.
    Leben Sie vielleicht in einem Umfeld, dass sich herausnimmt alles zu kommentieren und zu kritisieren? Wehren Sie sich. Hier ein Artikel dazu: „Darf ich meine Meinung sagen?“

Es ist klar, Kritik hört niemand gern. Aber man sollte sich selbst nicht für fehlerfrei halten.

Guter, souveräner Umgang mit Kritik ist ein Zeichen von Stärke.

Wenn Sie einen dieser Tipps berücksichtigen wollten, also erlernen wollen, dann schreiben Sie sich eine Karteikarte. Mehr dazu, wie man sein Verhalten verändern kann, in meinem Buch „THINK!“.

Wer mehr darüber lesen möchte: Hier ein schöner Artikel von Burkhard Heidenberger aus Wien: Vom Umgang mit Kritik. Was mir besonders gut gefällt: Er bietet zwei „Spickzettel“ an – diese könnte man so oder ähnlich in seinen THINK-Block übernehmen und so dafür sorgen, dass das Wissen auch gespeichert wird.

Der Umgang mit sich und seinen Mitmenschen ist ein wichtiger Baustein der Persönlichkeitsentwicklung. Ein Konzept der systematischen Persönlichkeitsentwicklung finden Sie in meinem Buch: Das ICH-Management.

4 Kommentare

  1. Hallo Herr Wyss, ich habe jetzt lange über Ihren Kommentar nachgedacht.
    Ich kann Ihnen teilweise Recht geben, anscheinend hatten wir eine unterschiedliche Kindheit. Und unterschiedliche Kinder. Meine Kinder sind selbstbewußt und gerne auch mal „sehr beharrlich“ in Ihrem tun. Die Erinnerung an das gewünschte Verhalten (das nennt sich dann Erziehung) nenne ich Kritik („Setz Dich bitte gerade hin“, „Mund zu beim Essen“, „Schuhe aus, wenn Du reinkommst“, ..). Der Umgang mit dieser Art von Kritik scheint meinen Kindern nicht viel auszumachen – ich gehe sogar davon aus, dass sie diese Kritik nicht wahrnehmen :-).
    Ich kenne aber auch genau, den Fall von dem Sie sprechen.
    Deswegen danke ich Ihnen für den Kommentar!

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  2. „Warum fällt es uns so schwer, Kritik anzunehmen und als das zu interpretieren, was es ist – ein Verbesserungsvorschlag. Wollen wir uns nicht mehr verbessern? Warum ist Kritik mittlerweile immer so emotional?“

    Im Ernst jetzt?
    Wir senden und empfangen auf 4 Ebenen. Schultz von Thun usw….. Einfach mal reinlesen.

    Außerdem sind wir aus dem Kindesalter raus und dürfen uns gegen alberne Maßregelungen wehren.

    Übrigens, das hier: „Kann sein, ich werde darüber nachdenken.“ heißt für mich in vielen Fällen sowas wie „Schatz, halt’s Maul!“
    Das wär wieder das Ding mit den 4 Ohren bzw. Ebenen. Reinlesen lohnt wirklich! Dann könnten diese Berichte hier etwas fundierter wirken ohne jedoch Einsteiger und Interessierte mit allzu wissenschaftlichen Phrasen zu erschlagen.

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  3. In dem Bereich habe ich leider immer noch Mühe… wahrscheinlich, weil da vieles von früher wieder hochkommt, wo von Eltern die ganze Person und nicht lediglich ein bestimmtes Verhalten kritisiert wurde. Hier muss ich mir immer wieder vor Augen führen, dass v.a. im Rahmen von erwünschtem Feedback konstruktive Kritik hilfreich sein kann und auf der sachlichen Ebene vor sich geht. Danke für die Erinnerung :)

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